Babylon Kreuzberg B, Berlin, 26.11.2016
In Saarbrücken muss man schnell sein mit aktuellen Kinofilmen, was nicht Mainstream ist oder anderweitig außergewöhnlich gut läuft, ist nach einer, spätestens zwei Wochen schon wieder aus dem Programm verschwunden oder auf kaum nutzbare Nebenzeiten abgeschoben. Am Wochenende in Berlin gewesen, habe ich die Gelegenheit wahrgenommen, dass das dort doch immer noch ziemlich anders ist, und mir Andrea Arnolds vielgelobten „American Honey“ angesehen, den ich schon versäumt glaubte.
Mit der Geschichte, mit den Protagonisten würde ich mir schwer tun, über lange zweieinhalb Stunden zumal: diese Drückerkolonne, wo das Spektrum reicht von einfach unreif bis zu ernsthaft sozial gestört. Und doch: was für ein Film! Mit welchen Mitteln er es genau bewerkstelligt – sicher die nie zur Ruhe kommende Handkamera, ihre Nähe, ihr An- und Ausschneiden; und das Schauspiel, im positivsten Sinne hemmungslos, unmittelbar. So physisch, so sinnlich, so direkt ist Kino jedenfalls ganz selten, Leos Carax konnte das manchmal auch, sonst fällt mir kaum etwas Vergleichbares ein. So entwickelt sich aus der Form ein Sog, der die Geschichte um das Streben nach dem kleinen Stück vom Glück aus der Banalität erhebt, ihr die Würde und Bedeutung gibt; selbst dann, wenn die Anknüpfung zur Identifikation ganz fehlt.