Kant Kino 3, Berlin 25.06.2024
Schwarzblende, Tonspur, Kakophonie, unangenehme Geräusche. Dann erst der Blick auf eine Familienidylle beim Badeausflug, ein Gegenbild, das auf den ersten Blick so gar nichts zu tun hat mit dem, was man gerade gehört hat. Vom ersten Moment an verweist „The Zone of Interest“ von Jonathan Glazer auf eine Realität, die er nicht abbildet. Auf die Verdrängung, die die von Sandra Hüller in gewohnter Eindringlichkeit gespielte Kommandeursgattin anscheinend ungerührt aufbringen kann. Die ihrer Mutter (Imogen Kogge) nicht gelingt, die erst von Stolz erfüllt ist über den sozialen Aufstieg der Tochter und bewundert, wie schön sie es da haben, im Haus und Garten direkt neben der Lagermauer, nachts aber von der nicht auszusperrenden Geräuschkulisse gepeinigt und zur fluchtartigen Abreise getrieben wird. Da ist „The Zone of Interest“ ganz entschieden ein Film über Hedwig Höß und nicht über den ihr angetrauten Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß (Christian Friedel). Die sieht es so, dass sie hier ihr Lebensglück gefunden hat, und es droht da zu zerrinnen, wo dem Gemahl die Versetzung vom unmittelbaren Ort des Schreckens angekündigt wird. Und nur so kann der Film auch funktionieren, denn mag auch das Privatleben des Rudolf Höß nicht weniger von der Banalität des Bösen zeugen, Verdrängung fällt als Erklärung für einen der Haupttäter der Vernichtung aus. Und es ist doch diese, die das kunstvolle Spiel mit dem On und Off leitmotivisch thematisiert. So verliert der Film an Linie, als er zum einzigen Mal eine dramaturgische Wende neben der Schilderung zu stemmen hat. (Die wortlose Abreise der Mutter zeitigt keine Folgen.) Rudolf Höß, ins Reich zurückbefördert, wird nun aktiv Handelnder auch in der Filmlogik, und sei es – so erscheint es hier –, um seiner Frau die lieben gelernte Situation zu retten. Mit dem Protagonistenwechsel geraten wir in einen Täterfilm doch ganz anderer Schattierung. Um die Geschichte ordentlich abzubinden, lässt sich Glazer, der auch das Buch geschrieben hat (nach einem wohl kaum wiederzuerkennenden Roman von Martin Amis), das formale Konstrukt entgleiten. Die Form aber hat hier nicht von ungefähr ein großes Gewicht. Sie trägt Wesentliches zum Inhalt bei.